Aktion "Lyrik im BaUCHLADEN"

Frankfurter Buchmesse 1976.

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Lyrik im BaUCHLADEN

Foto von der Frankfurter Buchmesse 1976

Die originalen Lesezeichen-Gedichte aus der Aktion "Lyrik im BaUCHLADEN" sind im Deutschen Literaturarchiv in Marbach ausgestellt - hier ein Blick in die Vitrine (Vergrößern durch Anklicken). Lesezeichen-Gedichte in Marbach

Dietmar Ortlieb und Ulrich Waller in tübinger texte 1976

Auf der Buchmesse 1976 in Frankfurt trafen wir den kleinsten BaUCHLADEN der Welt. Er wurde von Frederike Frei in den Gängen der Halle sieben umgetrieben und bestach durch seine Aufmachung und sein klares Programm: zum Verkauf standen ca. 150 auf Karten vorgeschriebene Gedichte, das Stück zu 0,50 DM. Man wühlte im 'Laden', wählte SEIN Gedicht aus und erhielt es sodann handschriftlich. Es herrschte kein Kaufzwang, aber Sprechzwang, denn Frederike Frei, Autorin, Verlegerin, Druckerin und Händlerin in einer Person, wollte wissen, wer ihre Gedichte kaufte und weshalb und weshalb nicht.

Tübinger Texte

Hans A. Nikel in PARDON 8, Aug. 1977

Die verkaufte Lyrik: Mit großem Erfolg bringt eine findige Frau sogar sensible Gedichte an den Mann. Frederike Frei lebt in Hamburg, als gelegentliche Schauspielerin, als regelmäßige Gedichtschreiberin. Weil sie im üblichen Verlagswesen kaum Verkaufschancen für ihre Lyrik sieht, versucht sie es seit einiger Zeit auf eigene Faust - mit einem Bauchladen: Sie bietet potentiellen Lesern ihre Gedichte ("Lesezeichen" nennt sie sie) direkt an - zur freien Auswahl. Wer eines will, dem schreibt sie es auf Karton für 1,- DM. Auf der Frankfurter Buchmesse, auf den Hamburger Tagen für Literatur und anderen Veranstaltungen hatte sie mit dieser Direktmethode schon Erfolg. Einen Verkaufsboom konnte sie auch auf der Leipziger Messe verbuchen - bis die Volkspolizei kam und den westöstlichen Lyrikkonnex unterband.

Pardon

Juliane Sattler in Hessische Nachrichten 1977 (HNN - Hessen Nord)

Es ist ihre Gedankenwelt, ihre Bewußtseinsentwicklung und ihre Emanzipation, die sie da verkauft. Für eine Mark kann man sich im Fridericianum aus Frederike Freis Bauchladen Lesezeichen-Lyrik aussuchen. Handgeschriebenes auf bunten Karten. Die 32jährige zierliche Hamburgerin, die früher als Schauspielerin arbeitete, nennt sich Lyrik-Händlerin, zieht mit ihren Gedichten über Innenwelt und Liebe, Politik und Emanzipation durch die Lande und will, wie sie meint, Lyrik "gebräuchlicher" machen. Ein älterer Herr blickt uns über die Schulter, dann ergreift er eine blaue Karte und sagt: "Ich will die Träume, was kosten die." Eine Mark wechselt den Besitzer. Auf der Karte stand "Ich will meine Träume nicht fristlos entlassen. Ich schulde ihnen noch mein Leben." Der Mann geht weiter und Frederike meint: "Es werden auch Probleme damit gekauft."

 

Hedwig Rohde in Tagesspiegel vom 23.6.1978

(Internationales Lyrikfestival)

Die zweite Überraschung aus Hamburg kam mit ihrem musikalischen Begleiter Flötenfelix. (...) Und gerade die blonde Hamburgerin mit ihrem Lyrik-Bauchladen ist doch das Urbild poetischer Volkstümlichkeit. Die gekonnte Mädchenkeckheit, wechselnd mit Verlegenheit ('ich krieg selber die Gedichte nicht mit, darum les ich die Zeilen mehrmals') und das Ansprechen von Frauen auf der Straße mit ironisch treffenden Parolen wie 'Dein Mann ist dein Ausweis / Du sollst ihn immer mit dir führen / Bei Verlust gleich ersetzen' verbirgt eine sprachspielerische aphoristische Komponente, die Frederike Frei ebensogut hätte in eine subjektive Dichterklause führen können: 'Das Einmaleins ist müde / Möchte an der Tafel schlafen / Und endlich einmal eins sein.'

Tagesspiegel
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